Horrende US-Zölle – was bedeutet dies für erneuerbare Energien in der EU?
Das Wichtigste in Kürze:
- Solarenergiezellen/-komponenten und Windturbinen werden wahrscheinlich aufgrund der Zollpolitik des amerikanischen Präsidenten teilweise von China auf die EU umgelagert.
- Das umgeleitete Angebot könnte mit politischem Willen der EU absorbiert werden, da der Nominalbetrag unwesentlich ist.
- Für die europäischen Unternehmen könnte dies eine Chance darstellen, sich als Hauptexporteur in den USA aufzustellen und chinesische Firmen zu verdrängen, sofern die Zölle gegenüber der EU im Rahmen bleiben und erneuerbare Energien in den USA auch zukünftig eine Rolle im Energiemix spielen.
Grüner Energiesektor in den USA doppelt belastet - Überangebot in Europa?
Donald Trump hat weitreichende Zölle ausgerufen und damit eine Umlenkung der Handelsströme losgetreten. Die geopolitische Unsicherheit sowie die Folgen für die Wirtschaft und Unternehmen sind schwer zu ertragen. Für die einen jedoch schwerer als für die anderen. Erneuerbare Energietechnologien aus China sind dabei disproportional mit Zöllen der USA belegt (gem. Section 301 sind besonders Solarzellen mit 50 % extra Zöllen belegt). Eine mögliche Folge wäre, dass die Handelsströme, ähnlich wie Ende 2024 bei den Elektroautos, nach Europa gelenkt werden. Durch das Überangebot aus den umgeleiteten Handelsströmen könnten sinkende Preise folgen. Die EU hatte als Gegenmaßnahme Zölle in Höhe von bis zu 45 % aufgelegt.
Daraus resultiert die Frage nach der heimischen Industrie. Ein mögliches Beispiel stellt der Fall von Solarworld dar. Das Unternehmen musste im Jahr 2017 die Insolvenz anmelden, da chinesische Importe günstiger als die Lokalproduktion waren. Die europäischen Firmen von heute sind jedoch besser positioniert:
- Bei der Solarenergie sind die europäischen Firmen spezialisierter und eher im „High-End-Segment“ tätig.
- Der Net-Zero Industry Act sieht als Zielvorgabe vor, dass bis 2030 mindestens 40 % der benötigten Kapazität für die europäische Produktion aus der EU stammen sollen.
USA als Nischenmarkt für China im Bereich erneuerbare Energien
Zudem ist die Auswirkung auf den europäischen Markt durch die Verschiebung der globalen Nachfrage für erneuerbare Energien zu relativieren: Während noch vor 10 Jahren mehr als die Hälfte der Nachfrage aus Industrieländern stammte, ist dieser Anteil auf ~30% gefallen. Dabei entfallen auf die USA lediglich rund 1% des Volumens. Das umgeleitete (geringe) Volumen würde voraussichtlich nicht nur auf die EU entfallen. Zusätzlich ist festzuhalten, dass die EU bereits ca. € 10 Mrd. an Solarzellen oder –komponenten aus China importiert. Demnach wären die potenziell umgeleiteten Exporte von erneuerbaren Energien verkraftbar. Auf Basis der aktuellen Zahlen entspräche eine vollständige Umleitung auf Europa lediglich einem Anstieg von rund 3 %
Um dies zu verdeutlichen, haben wir in der nachfolgenden Illustration die Exporte von China und der EU dargestellt. Über den jeweiligen Flaggen sind die gesamten Exporte der erneuerbaren Energien dargestellt. Die Prozente zeigen den Anteil der Exporte, die an die jeweilige Wirtschaft geliefert werden.

Während China unvermindert die Vorreiterrolle einnimmt, ist die EU besonders bei der Windenergie ein wichtiger Produzent. Von den o.g. Exporten der EU entfallen rund € 2,5 Mrd. auf die Windenergie, wohingegen China „nur“ € 1 Mrd. an Windturbinen exportiert.
Kann dies auch eine Chance für die EU sein?
Die EU hat die Möglichkeit, nicht nur mehr Kapazitäten aufzubauen, sondern auch Vorteile daraus zu ziehen. Das betrifft den Ausbau erneuerbarer Energien in der EU und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen in den USA. Hierbei gibt es jedoch drei wichtige Herausforderungen:
Herausforderung Nummer 1: Es besteht die Gefahr einer zu hohen Abhängigkeit von China, wie es beispielsweise bei dem russischen Gas der Fall war. Deshalb ist es wichtig, die lokale Industrie zu stärken. Dieses Thema wird derzeit diskutiert. Die EU möchte mit China verhandeln, um das Überangebot an Produkten besser zu verteilen, sodass nicht nur die EU betroffen ist. Kürzlich hat China seine Exporte auf Entwicklungsländer ausgeweitet.
Herausforderung Nummer 2: Die (zukünftigen) Zölle, welche die USA auf EU-Waren erheben, spielen eine entscheidende Rolle. Sollten diese ebenfalls stark angehoben werden, so ginge auch der Konkurrenzvorteil europäischer Unternehmen gegenüber China in den USA verloren.
Herausforderung Nummer 3: Die Executive Order des US-Präsidenten zum 8. April 2025 hat die klimaorientierten Maßnahmen, insbesondere gegenüber Öl- und Kohleunternehmen, aufgehoben. Sollte Donald Trump darüber hinaus diese fossilen Energieträger subventionieren, könnte der Kostenvorteil erneuerbarer Energien gefährdet werden.
Ob die EU sich als Hauptlieferant in die USA etablieren kann, hängt von gemäßigten Zöllen und dem geplanten Energiemix der USA ab. Sollte die USA in Zukunft Öl und Kohle disproportional durch Subventionen fördern, so wäre dies nachteilig für die Markterschließung. Aufgrund der dann vergleichsweise höheren Kosten würden weder Unternehmen noch die Politik einen Ausbau befürworten.
Ihr Takeaway:
Schlussfolgernd ist festzuhalten, dass es sowohl Chancen als auch Risiken für die Firmen in der Branche der erneuerbaren Energien in der EU gibt. Günstige Importpreise helfen zwar Endverbrauchern, belasten jedoch lokale Unternehmen, da ihre Margen geschmälert werden. Unter der Voraussetzung einer günstigen Zollpolitik könnten die Unternehmen aus der EU weniger Wettbewerbsdruck in den USA bekommen und die chinesische Konkurrenz verdrängen. Für Investoren ist das Bild also gemischt.
Unser Tipp:
Einige europäische Windenergieunternehmen, wie Siemens Gamesa, haben bereits Produktionsstandorte in den USA. Bei weiterhin geringen Zöllen gegenüber der EU könnten diese Unternehmen ihre chinesische Konkurrenz weiter verdrängen. Falls die Zölle jedoch ansteigen sollten, sind diese Unternehmen am besten positioniert. Zuden ist festzustellen: Unabhängig von der Politik, wird das Thema der erneuerbaren Energien immer wichtiger mit der Zeit. Mit Zöllen kann man vielleicht Handelsimbalancen entgegenwirken, jedoch nicht dem Klimawandel.
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