28. April 2023

Engagement Protokoll Nestlé S.A.

Engagement Protokoll

Termin:           27.04.2023, 15:00 Uhr

Unternehmen: Nestlé S.A. 

Teilnehmer:    John Armstrong (Nestlé, Investor Relations)

                        Zeeshan Suhail (Nestlé, Social Impact Manager)

                        Mégane Chesné (Nestlé, Global Sustainable Sourcing Leader)

                        Elena Mock (Warburg Invest KAGmbH, ESG Office)

                        Zoltan Koch (Warburg Invest KAGmbH, Portfoliomanagement)

                        Robin Saerbeck (M.M.Warburg & CO, Portfoliomanagement)

Allgemeine Motivation für Unternehmensdialoge:

Der Engagement-Prozess der Warburg Gruppe wird durch ESG Gremium angestoßen. Derzeit setzt sich dieses aus zwei Mitarbeitern und einem Geschäftsführer der Warburg Invest Kapitalanlagegesellschaft, zwei Mitarbeitern der Vermögensverwaltung der M.M.Warburg & CO, dem Leiter des Investment Offices und der Vermögensverwaltung von Marcard Stein & CO sowie dem ESG Manager von M.M.Warburg & CO zusammen.

Die Vertreter der Warburg Gruppe diskutieren quartalsweise im ESG Gremium schwerwiegende Kontroversen* in Bezug auf Governance, soziale und/ oder ökologische Aspekte. Entscheidet das ESG Gremium sich für einen Engagement-Prozess und das Unternehmen kann im darauffolgenden Dialog die Kontroverse nicht glaubhaft widerlegen oder einen hinreichend guten Umgang mit der Kontroverse nachweisen, wird das Unternehmen zwangsläufig aus dem investierbaren Universum der Warburg Gruppe entfernt.

Unternehmensdialoge erachtet die Warburg Gruppe als wirksames Instrument zur ganzheitlichen Beurteilung von Unternehmen sowie als Möglichkeit, nachhaltigkeitsrelevante Themen zu adressieren als auch unternehmensspezifische ESG-Sachverhalte aktiv zu hinterfragen. Der aktive Dialog versetzt die Warburg Gruppe nicht nur in die Lage, solidere Anlagescheidungen zu fällen, sondern auch infolge einer proaktiven Ansprache Unternehmen für Nachhaltigkeitsthemen zu sensibilisieren. Hiermit wird beabsichtigt, die ökologische Transformation von Geschäftsaktivitäten zu unterstützen und damit gleichzeitig besonders langfristige Investitionen sicherzustellen.

Konkreter Sachverhalt für das Engagement:

Nestlé wird seit vielen Jahren von unterschiedlichen Interessengruppen aufgefordert, ein System zu schaffen, um die Beschaffungspraktiken von Palmöl-Lieferanten zu verfolgen. Insbesondere wurde angeprangert, dass Nestlé im Zusammenhang mit der Beschaffung von Palmöl sowohl Umwelt- als auch Menschenrechtsverletzungen begeht und mit Lieferanten zusammenarbeitet, die diese Verbrechen begehen. Im Gespräch mit Nestlé sollte besprochen werden, inwieweit Nestlé mit diesen Lieferanten, insbesondere denen in Indonesien und Malaysia, zusammenarbeitet, ob es grundsätzliche Kontrollen der Lieferanten gibt und ob die Zusammenarbeit mit besonders kritischen Lieferanten, wie Laot Bangko beendet worden ist. Es wurde beabsichtigt, Maßnahmen von Nestlé zu fordern, die sicherstellen, dass ihre Lieferkette frei von Waldzerstörung ist.

Geschäftsmodell des Emittenten:

Nestlé ist ein multinationaler Lebensmittelkonzern mit Sitz in Vevey, Schweiz. Das Unternehmen wurde 1866 gegründet und hat heute einen Umsatz von rund 84 Milliarden US-Dollar. Nestle ist weltweit tätig und beschäftigt mehr als 300.000 Mitarbeiter in über 190 Ländern. Das Unternehmen produziert und vertreibt eine Vielzahl von Lebensmitteln und Getränken, darunter Milchprodukte, Kaffee, Schokolade, Frühstückscerealien, Süßigkeiten, Babynahrung, Mineralwasser und Tiernahrung. Zu den bekannten Marken gehören Nestlé, Nescafé, KitKat, Gerber, Maggi, Purina und Perrier. Trotz des Erfolgs und der Größe von Nestlé gab es in der Vergangenheit vermehrt Kritik am Unternehmen. Einige Vorwürfe betrafen das Marketing von Babynahrung in Entwicklungsländern, die Ausbeutung von Arbeitern in der Lieferkette und die Auswirkungen auf die Umwelt durch die Produktion von Palmöl.

Ergebnisse des Unternehmensdialoges / Handlungsempfehlung:

Am 27.04.2023 fand ein Engagement-Gespräch zwischen der Warburg Gruppe und Vertretern von Nestlé statt. Während des Gesprächs erklärten Vertreter von Nestlé, dass das Unternehmen sich der Problematik der Waldzerstörung bewusst sei und bereits Maßnahmen ergriffen habe, um sicherzustellen, dass ihre Lieferanten im LEUSER-Ökosystem in Indonesien keine Wälder abholzen.

Im Jahr 2022 hat Nestlé einen Fortschritt bei der Bewertung seines Palmöls gemacht, wobei 95,6 Prozent des verwendeten Palmöls durch Nestlé als frei von Abholzung bewertet wurden. In Zusammenarbeit mit Airbus und Earthworm Foundation hat Nestlé das Starling-System implementiert, einen satellitenbasierten Service, der es ermöglicht, die globalen Lieferketten für Palmöl zu überwachen.

Starling bietet Radarbilder von Landflächen über große Gebiete. Mit diesem System überwacht Nestlé knapp 10 000 Farmen, um festzustellen, ob die Herkunft des Palmöls verifizierbar frei von Abholzung ist und ob weitere Lieferantenengagements und Untersuchungen erforderlich sind. Mit den durch Starling gesammelten Daten hat Nestlé ein Dashboard für Palmöl-Transparenz erstellt, um Stakeholder über den Fortschritt bei der Erreichung von palmölfreier Abholzung zu informieren und seine Erfahrungen zu teilen.

Die Warburg Gruppe forderte von Nestlé weitere Details über die Umsetzung dieser Politik und über die Überprüfung der Einhaltung durch Lieferanten. Nestlé erklärte, dass sie strenge Vorgaben für ihre Lieferanten haben, die regelmäßig überprüft werden. Nestlé verwies darauf, dass das Monitoring-System aus mehreren Komponenten besteht, darunter das Alert-System, das Informationen über verdächtige Aktivitäten in Echtzeit bereitstellt, sowie persönliche Gespräche mit den Lieferanten. Nestlé hat Mindest-Anforderungen an seine Lieferanten bezüglich der Nachhaltigkeit ihrer Lieferketten für Palmöl definiert: Dazu gehört die Einhaltung des Nestlé Responsible Sourcing Standard und der lokalen Gesetze und Vorschriften. Darüber hinaus dürfen die Lieferanten keine Flächen nutzen, die nach dem 31. Dezember 2015 von natürlichen Wäldern gerodet wurden, und müssen die Rechte lokaler und indigener Gemeinschaften auf freie, vorherige und informierte Zustimmung respektieren.

Während des Gesprächs wurde auch das Thema des Plastikverbrauchs angesprochen, das im Engagement-Gespräch aus dem Jahr 2022 besprochen wurde. Nestlé betonte, dass sie ihr Ziel, bis zum Jahr 2025 95 Prozent des Plastikeinsatzes aus recyceltem Plastik zu erreichen, weiterhin verfolgen. Nestlé führte aus, dass sie verschiedene Maßnahmen ergriffen haben, um den Einsatz von Plastik zu reduzieren. Allerdings hat sich die Umstellung auf recyceltes Plastik in den letzten beiden Jahren deutlich verlangsamt – Nestlé begründet dies mit der in weiten Teilen der Welt anhaltenden Inflation und damit einhergehenden Anpassungen des Konsumentenverhaltens.

Generell ist es wichtig, sich bewusst zu sein, dass Unternehmen wie Nestlé letztendlich wirtschaftliche Interessen verfolgen und ihre Nachhaltigkeitsbemühungen auch unter diesem Gesichtspunkt zu sehen sind. Als positiv wurde empfunden, direkt mit Mégane Chesné sprechen zu können, die direkt am Sterling System beteiligt ist. Obwohl das Unternehmen betont, sich für Nachhaltigkeit und Menschenrechte in der Palmöl-Lieferkette einzusetzen, bleiben Fragen offen hinsichtlich der Wirksamkeit und des Umfangs von Monitoring-Systemen und der Möglichkeit, die Lieferketten komplett zu überprüfen und zu kontrollieren.

Das ESG Gremium der Warburg Gruppe entschied am 10.05.2023 einstimmig, Nestlé für Investitionen freizugeben. Der weitere Kontakt mit dem Unternehmen ist zwingend erforderlich, um zum einen die angekündigten weiteren Maßnahmen nachzuvollziehen, und zum anderen die Daten von externen Datenprovidern laufend zu hinterfragen. Durch regelmäßigen Kontakt und konstruktive Gespräche können jedoch zusätzliche Informationen gewonnen werden und eine bessere Einschätzung der Nachhaltigkeitsleistung des Unternehmens erfolgen.

Das vollständige Protokoll lesen Sie hier.