Europäische Banken: Lohnt sich der Einstieg jetzt noch?

In den letzten fünf Jahren hat der europäische Bankensektor den Gesamtmarkt deutlich hinter sich gelassen – mit einer Kursentwicklung von rund +150 % im Vergleich zu breiten Aktienindizes.
Diese starke Entwicklung hatte zwei Hauptgründe:
Während der Nullzinsjahre (2016–2022) standen Banken massiv unter Druck, überhaupt noch Gewinne zu erzielen. Sie mussten alternative Einnahmequellen erschließen, etwa durch höhere Kontoführungsgebühren, Depotgebühren oder Provisionen. Gleichzeitig wurden viele veraltete und teure Strukturen abgebaut. Der Handlungsdruck war so hoch, dass auch unpopuläre Maßnahmen –wie Verwahrentgelte für größere Guthaben – umgesetzt wurden, die vorher undenkbar schienen.
Mit dem Comeback der Inflation und dem Ende der Niedrigzinsen änderte sich das Bild: Plötzlich konnten Banken wieder an ihren Zinsgeschäften verdienen. Gleichzeitig waren ihre Kosten niedriger als je zuvor. Die Branche hatte also ihre Hausaufgaben gemacht – und davon profitierten die Aktienkurse.
Bemerkenswert ist auch, dass sich trotz Corona-Krise und schwacher Konjunktur die Kreditqualität der Banken kaum verschlechtert hat. Viele Rückstellungen für Kreditausfälle konnten sogar wieder aufgelöst werden. Aus einem lange verschmähten Sektor – vor allem bei deutschen Anlegern – wurde ein echter Börsenstar.
Einige prominente Beispiele: Die italienische UniCredit hat sich beeindruckend entwickelt, ebenso die Commerzbank – letztere legte allein in den letzten fünf Jahren um über 600 % zu. Ein Großteil dieser Kursrally begann allerdings erst, nachdem Gerüchte über einen möglichen neuen Großinvestor bekannt wurden.
Wie geht es jetzt weiter?
Einige der positiven Treiber der letzten Jahre verlieren langsam an Kraft. Seit Juni 2024 senkt die Europäische Zentralbank (EZB) wieder die Zinsen – was die Gewinnmargen bei Krediten und Einlagen unter Druck bringt. Auch bei Provisionserträgen ist das Wachstum nicht mehr so stark wie zuvor. Auf der anderen Seite bleibt die Kreditqualität solide, und mit einer anziehenden Wirtschaft dürfte auch die Nachfrage nach Krediten steigen. Zudem sind Banken-Aktien derzeit vergleichsweise günstig bewertet – mit einem durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 8,8 für 2025. Und: Viele Banken zahlen attraktive Dividenden (rund 6 %) und kaufen zusätzlich eigene Aktien zurück, was den Kurs stützt.
Was bedeutet das für Anleger?
Banken sind heute besser aufgestellt als noch vor zehn Jahren – solide, profitabel und effizient. Für langfristig orientierte Anleger kann der Sektor deshalb trotz nachlassender Impulse noch interessant sein. Die Zeiten spektakulärer Kursgewinne sind zwar vorerst vorbei, aber stabile Erträge und attraktive Dividenden machen Bankaktien weiterhin einer Überlegung wert – vor allem als Beimischung in einem breit diversifizierten Depot.
Fazit: Die europäischen Banken haben viel aufgeholt – und wer bereits investiert ist, kann sich über starke Gewinne freuen. Neueinsteiger sollten nicht auf die nächste Rally spekulieren, finden aber in dem Sektor womöglich noch solide Renditen bei überschaubarem Risiko.
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