10. Juni 2025

Engagement Touchpoint Protokoll Tatra Banka

Termin:           30.04.2025, 14:00 Uhr

Unternehmen: Tatra Banka

Teilnehmer:

Ihsan Sat (Warburg Invest KAGmbH, ESG Office)

Pavol Kiralvarga (Tatra Banka, Head of Wholesale Funding)

Tomas Kvasnovsky (Tatra Banka, Sustainability Manager)

Veronika Lancikova (Tatra Banka, Project and Process Manager)

  

Allgemeine Motivation für Unternehmensdialoge:

Der Engagement-Prozess der Warburg Gruppe wird durch ESG Gremium angestoßen. Derzeit setzt sich dieses aus zwei Mitarbeitern und einem Geschäftsführer der Warburg Invest Kapitalanlagegesellschaft, zwei Mitarbeitern der Vermögensverwaltung der M.M.Warburg & CO, dem Leiter des Investment Offices und der Vermögensverwaltung von Marcard Stein & CO sowie dem ESG Manager von M.M.Warburg & CO zusammen.

Die Vertreter der Warburg Gruppe diskutieren quartalsweise im ESG Gremium schwerwiegende Kontroversen* in Bezug auf Governance, soziale und/ oder ökologische Aspekte. Entscheidet das ESG Gremium sich für einen Engagement-Prozess und das Unternehmen kann im darauffolgenden Dialog die Kontroverse nicht glaubhaft widerlegen oder einen hinreichend guten Umgang mit der Kontroverse nachweisen, wird das Unternehmen zwangsläufig aus dem investierbaren Universum der Warburg Gruppe entfernt.

Unternehmensdialoge erachtet die Warburg Gruppe als wirksames Instrument zur ganzheitlichen Beurteilung von Unternehmen sowie als Möglichkeit, nachhaltigkeitsrelevante Themen zu adressieren als auch unternehmensspezifische ESG-Sachverhalte aktiv zu hinterfragen. Der aktive Dialog versetzt die Warburg Gruppe nicht nur in die Lage, solidere Anlagescheidungen zu fällen, sondern auch infolge einer proaktiven Ansprache Unternehmen für Nachhaltigkeitsthemen zu sensibilisieren. Hiermit wird beabsichtigt, die ökologische Transformation von Geschäftsaktivitäten zu unterstützen und damit gleichzeitig besonders langfristige Investitionen sicherzustellen.

Konkreter Sachverhalt für das Engagement:

Im letzten Jahr hatten wir bereits einen Engagement Call mit Tatra Banka. In dem Call ging es um das Green Bond Framework. Das Thema dieses Calls bezog sich nicht auf die Green Bonds, sondern auf das Governance Rating des Emittenten. MSCI hatte das Governance Rating jüngst runtergestuft und nannte als Begründung den Anstieg der „related party transactions“, also Transaktionen in der Gruppe verbundener Kunden. Zudem war das Unternehmen im Peervergleich sehr schlecht aufgestellt. Es wurden Themen wie die geringe Transparenz bei der Bezahlung der Führungsebene hervorgehoben.

Aus unserer Perspektive waren die Anschuldigungen jedoch nicht klar, da Tatra Bank zu >80% dem RBI Konzern angehört und somit Governance Aspekte im Kontext einer Konzernintegration nur teilweise Sinn ergeben. Daraufhin haben wir das Gespräch aufgesucht.

Geschäftsmodell des Emittenten:

Tatra banka, eine der führenden Banken in der Slowakei und Teil der Raiffeisen Bank International Gruppe, basiert ihr Geschäftsmodell auf einer Mischung aus technologischem Fortschritt, Kundenorientierung und einer breiten Palette von Finanzdienstleistungen. Die Bank hat sich durch ihren starken Fokus auf Digitalisierung hervorgetan, indem sie frühzeitig mobile und Internetbanking-Lösungen einführte, die den Zugang zu Finanzdienstleistungen für ihre Kunden erheblich erleichtern. Gleichzeitig bietet Tatra banka eine umfassende Produkt-palette, die von klassischen Bankdienstleistungen wie Kontoführung und Krediten bis hin zu spezialisierten Bereichen wie Investmentbanking und Vermögensverwaltung reicht. Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung spielen ebenfalls eine zentrale Rolle in ihrem Geschäftsmodell, was sich in umweltfreundlichen Initiativen und der Unterstützung sozialer Projekte zeigt. Diese Mischung aus Innovation, traditioneller Bankkompetenz und verantwortungsbewusstem Handeln sichert Tatra banka eine starke Stellung im slowakischen Bankensektor.

Ergebnisse des Unternehmensdialoges / Handlungsempfehlung:

Das Unternehmen hat schrittweise die verschiedenen Punkte von MSCI angesprochen. Bei den „related party transactions“ handelt es sich anscheinend um Vanilla Zinsswaps mit der RBI zur Risikosteuerung innerhalb des Konzerns. Zudem sind diese Swaps beidseitig getraded, sodass das Nettoergebnis sich fast ausgleiche. MSCI würde hierzu nur auf die Kosten schauen. Aus unserer Perspektive finden wir die Kritik von MSCI daher nicht schlüssig, da operative Swaps innerhalb eines Finanzkonzerns nicht nur normal, sondern auch erwünscht sind. In der konsolidierten Bilanz und GuV des Unternehmens sind diese Transaktionen ohnehin nicht tragend. Im Rahmen der Betrachtung von Konzernen wie dem RBI werden keine Einzelbilanzen/-GuVs betrachtet um versteckte Gewinnausschüttungen im Rahmen von Transaktionen innerhalb der Gruppe verbundener Kunden zu vermeiden. Der Effekt an der Börse wäre im Falle von ungünstigen Transaktionen, dass es neutral für den RBI Konzern wäre und negativ für die Spin-Off Aktie von Tatra Banka. Ergo: Es würde keinen Sinn ergeben.

Die anderen Kritikpunkte machen innerhalb einer Konzernintegration bei Finanzunternehmen kaum Sinn. Governance-Unabhängigkeit von der Muttergesellschaft ist regulatorisch nur teilweise gefordert im Rahmen von Kreditvergabeprozesse innerhalb der Gruppe in Form von Organkrediten. Bei Finanzunternehmen ist diese Integration und Abhängigkeit von der Muttergesellschaft sogar erwünscht, da dadurch eine Bonitätsvererbung stattfinden kann. Besonders bei Kreditbanken ist eine erhöhte Bonität auch vorteilhaft für Aktionäre. Wir sehen dies also nicht als eine Benachteiligung für Aktionäre.

Bei dem restlichen Free Float von 10% der Aktien, hat die Bank hervorgehoben, dass es sich hierbei um Aktien der damaligen Mitarbeiter handelt die in der Rente sind (weitere 10% sind in der Hand von derzeit angestellten Mitarbeitern). Deshalb sei auch die Liquidität und das Trading sehr gering bei der Aktie. Es sei demnach denkbar, dass die Bank mit der Zeit die Aktien zurückkauft und somit ein Abgang von der Börse auch denkbar ist.

Bei dem Thema der Transparenz hat die Bank hervorgehoben, dass ihr CSRD Report mit den relevanten Informationen nur ein paar Tage nach der ESG-Ratinganalyse veröffentlicht wurde. Demnach ist dieser Kritikpunkt nicht mehr relevant für das Rating.

Aufgrund dieser Fehleinschätzungen kamen wir zum Entschluss, dass das Governance Rating zu gering ist. Für unsere Mandate und Investment stellt es also kein Nachhaltigkeitsrisiko dar und wir stufen das Unternehmen weiterhin als investierbar ein.

Als Konsequenz dieses Gespräches haben wir MSCI kontaktiert und unsere Bedenken geäußert. MSCI hat unsere Kritikpunkte aufgenommen und wird diese im Dialog mit dem Unternehmen nochmals besprechen.

Den vollständigen Text lesen Sie hier.