22. April 2024

Engagement Protokoll BASF SE

Engagement Protokoll

Termin:           05.03.2023, 15:00 Uhr

Unternehmen: BASF SE 

Teilnehmer:    Gareth Rees (BASF SE, Investor Relations), Elena Mock (Warburg Invest KAGmbH, ESG Office), Ihsan Sat (Warburg Invest KAGmbH, ESG Office), Zoltan Koch (Warburg Invest KAGmbH, Portfoliomanagement), Jan Feng (M.M.Warburg & CO, Trainee, Thies Reinhold (M.M.Warburg & CO, Trainee)

Allgemeine Motivation für Unternehmensdialoge:

Der Engagement-Prozess der Warburg Gruppe wird durch das ESG Investment Gremium angestoßen. Derzeit setzt sich dieses aus zwei Mitarbeitern und einem Geschäftsführer der Warburg Invest Kapitalanlagegesellschaft, zwei Mitarbeitern der Vermögensverwaltung der M.M.Warburg & CO, dem Leiter des Investment Offices und der Vermögensverwaltung von Marcard Stein & CO sowie dem ESG Manager von M.M.Warburg & CO zusammen.

Die Vertreter der Warburg Gruppe diskutieren quartalsweise im ESG Investment Gremium schwerwiegende Kontroversen* in Bezug auf Governance, soziale und/ oder ökologische Aspekte. Entscheidet das ESG Investment Gremium sich für einen Engagement-Prozess und das Unternehmen kann im darauffolgenden Dialog die Kontroverse nicht glaubhaft widerlegen oder einen hinreichend guten Umgang mit der Kontroverse nachweisen, wird das Unternehmen zwangsläufig aus dem investierbaren Universum der Warburg Gruppe entfernt.

Unternehmensdialoge erachtet die Warburg Gruppe als wirksames Instrument zur ganzheitlichen Beurteilung von Unternehmen sowie als Möglichkeit, nachhaltigkeitsrelevante Themen zu adressieren als auch unternehmensspezifische ESG-Sachverhalte aktiv zu hinterfragen. Der aktive Dialog versetzt die Warburg Gruppe nicht nur in die Lage, solidere Anlagescheidungen zu fällen, sondern auch infolge einer proaktiven Ansprache Unternehmen für Nachhaltigkeitsthemen zu sensibilisieren. Hiermit wird beabsichtigt, die ökologische Transformation von Geschäftsaktivitäten zu unterstützen und damit gleichzeitig besonders langfristige Investitionen sicherzustellen.

Konkreter Sachverhalt für das Engagement:

Die Kontroverse um BASF dreht sich um die Joint Ventures des Unternehmens in Korla, China, insbesondere um die Unternehmen BASF Markor Chemical Manufacturing (Xinjiang) Co., Ltd. und Markor Meiou Chemical (Xinjiang) Co., Ltd. Berichte aus verschiedenen Quellen, darunter Handelsblatt, Radio Free Asia und deutsche Medien wie Der Spiegel und ZDF, haben schwerwiegende Vorwürfe gegen den Joint-Venture-Partner Xinjiang Markor Chemical Industry Co Ltd (Markor) erhoben, einschließlich des Nutzens aus Zwangsarbeitspraktiken von Uiguren in der Region Xinjiang. Die Berichte deuten darauf hin, dass BASF's Joint Ventures indirekt in Menschenrechtsverletzungen verwickelt sein könnten.

*. Auf die Liste potenzieller Ausschlusskandidaten kommen solche Emittenten, die folgende Kontroversen-Kombination aufweisen:

  • 1. Es handelt sich um eine sehr schwerwiegende unternehmeri-sche Kontroverse der Kategorie Orange.
  • 2. Die Kontroverse steht im Verdacht eines Verstoßes gegen die UN Global Compact Prinzipien ("Watch List").
  • 3. Die Kontroverse gilt nicht als teilweise abgeschlossen ("Partially Concluded").

Der besagte Windpark bestehe aus 22 Turbinen und liefere Schätzungen zufolge 95 % der Energie, die für den Abbau und Transport von Phosphatgestein in der Westsahara benötigt werde. Der Abbau von Mineralien in der Westsahara wurde 2002 von den Vereinten Nationen allerdings für illegal erklärt, da aufgrund dessen Einwohner vertrieben worden, die in Flüchtlingskamps untergracht worden. Siemens Gamesa bezeichne die Westsahara wiederholt als Teil Marokkos. Allerdings habe Marokko nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshof keine Souveränität über die Westsahara. Das Einverständis Marokkos zum Aufbau des Windparks reiche demnach nicht – man hätte dies mit den dort ansässigen Bewohnern verhandeln müssen. Trotz öffentlicher Kritik wurde die Partnerschaft zwischen den beiden Unternehmen 2018 um weitere 15 Jahre verlängert.

Geschäftsmodell des Emittenten:

Siemens Gamesa ist ein international tätiger und börsennotierter Hersteller von Windkraftanlagen mit Sitz in Zamudio bei Bilbao in der nordspanischen Provinz Vizcaya. Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft von Siemens Energy. Im Mai 2022 wurde verkündet, dass Siemens Energy Siemens Gamesa übernehmen wird.

Siemens Gamesa ist in den drei wichtigsten Bereichen des Windgeschäfts aktiv - Onshore, Offshore und Service. Siemens Gamesa ist Weltmarktführer bei Offshore-Windkraftanlagen und zudem auf den Onshore-Märkten in Nord- und Südamerika, Europa, Afrika und Asien vertreten. Darüber hinaus ist das Servicegeschäft zum Betrieb, Wartung und Optimierung der Turbinen wichtiger Bestandteil des Geschäftsmodells.

Ergebnisse des Unternehmensdialoges / Handlungsempfehlung:

Zu Beginn des Gesprächs stellt Herr Ruiz, der Head of ESG bei Siemens Gamesa, sich und das Unternehmen mit samt der ESG Strategie vor. Es habe laut Herrn Ruiz bedeutende Änderungen im Screening und der Due Diligence Prüfung in der Projekt- und Partnerauswahl gegeben. Das Projekt zum Aufbau des Windparks in der Westsahara wäre im aktuellen Auswahlprozess so nicht mehr zustande gekommen. Wenn für ein Projekt in der Genehmigungsphase des Verkaufsgeschäfts eine Due-Diligence-Prüfung für Menschenrechtsprojekte ausgelöst wird, seien der zuständige Projektmanager, der zuständige Compliance-Beauftragte und das Menschenrechtsteam an dem Prozess beteiligt:

(1) Überprüfung der genauen Lage des Projektstandorts, um die Hauptrisiken in Bezug auf die Landnutzung und die Auswirkungen auf die Gemeinschaften zu ermitteln (landwirtschaftliche Flächen, Land der indigenen Gemeinschaften, Landerwerb, Umsiedlungen usw.);

(2) Prüfung der Projektspezifikationen und der Frage, ob Bauarbeiten erforderlich sind, um die Hauptrisiken in Bezug auf Arbeitnehmerrechte und Kinderarbeit zu ermitteln (das Land, in dem das Projekt durchgeführt wird, ist der Schlüssel zur Bewertung dieser Risiken).

*. Auf die Liste potenzieller Ausschlusskandidaten kommen solche Emittenten, die folgende Kontroversen-Kombination aufweisen:

  • 1. Es handelt sich um eine sehr schwerwiegende unternehmeri-sche Kontroverse der Kategorie Orange.
  • 2. Die Kontroverse steht im Verdacht eines Verstoßes gegen die UN Global Compact Prinzipien ("Watch List").
  • 3. Die Kontroverse gilt nicht als teilweise abgeschlossen ("Partially Concluded").

(3) Prüfung, ob für das Projekt Sicherheitskräfte erforderlich sind, ob die lokale Regierung beteiligt ist und ob das Land, in dem das Projekt durchgeführt wird, in einem umstrittenen Gebiet liegt oder einem bewaffneten Konflikt ausgesetzt ist.

(4) Kontrolle der an dem Projekt beteiligten Partner, um mögliche Verwicklungen mit Menschenrechtsrisiken zu ermitteln.

Auf konkrete Rückfrage zu den aufgrund des Abbaus der Mineralien vertriebene Minderheiten, sagt Herr Ruiz, dass dies nicht im direkten Bezug zu Siemens Gamesa stehe. Er könne zur Kompensation der Menschen oder zu den aktuellen Lebensumständen keine Informationen geben und sehe sich auch nicht in der Verantwortung dafür.

Herr Ruiz betont auch die Inkonsistenz zwischen unterschiedlichen ESG Research Providern– so sagt er, dass das Windparkprojekt in der Westsahara bei dem Provider Sustainalytics deutlich besser klassifiziert werden würde. Bei MSCI ESG Research sei das Projekt und die damit in Verbindung stehende soziale Kontroverse auf der Watch List zu UN Global Compact Compliance von MSCI ESG Research. Demnach sei es noch nicht klar, ob ein Verstoß festgestellt werden würde. In Frage zu stellen sei auch die Bedeutung, die dem Projekt von MSCI ESG Research beigemessen wird, da das Projekt nur knapp 0,2 Prozent - 0,5 Prozent vom Gesamtumsatz von Siemens Gamesa ausmache.

Die Entscheidung über Investitionen in Siemens Gamesa basierte folglich auf den folgenden Tatsachen:

Siemens Gamesa zeigte sich im Rahmen des Engagement-Prozesses stets kooperativ und setzte sich bzgl. der Kontroverse mit MSCI ESG Research in den Jahren 2021 und 2022 in Verbindung (andere Ratingagenturen würden die Kontroverse nicht derart schwerwiegend einstufen). Es wurde ein Due-Diligence Prüfung und eine Menschenrechtsrichtlinie für neue Projekte etabliert. Darüber hinaus ist Siemens Gamesa seit 2005 UNGC-Mitglied.

Es wurde festgestellt, dass das Projekt in der West-Sahara einen marginalen Anteil des globalen Umsatzes ausmacht: die betreffende Anlage in der West Sahara macht 0,4% der installierten Gesamtleistung bzw. ca. 0,2-0,5% des Umsatzes von Siemens Gamesa aus.

Die finale Entscheidung über die Freigabe von Siemens Gamesa bzw. Siemens Energy fand im März 2023 statt. Das ESG Gremium beschloss einstimmig, nach der "vorerst vorübergehenden Freigabe" nunmehr Siemens Gamesa bzw. Siemens Energy vollständig freizugeben.

Das vollständige Protokoll lesen Sie hier.