HeidelbergCement – eine große Bedeutung für die Bewältigung der Klimakrise
Dec 2, 2021
Sortiert man den MSCI Europe anhand der verursachten Treibhausgasemissionen, die aus den direkten Tätigkeiten eines Unternehmens (Scope 1) und den verwendeten Energiequellen eines Unternehmens (Scope 2) resultieren, erhält das deutsche Unternehmen HeidelbergCement einen Podiumsplatz unter den CO2-Emittenten. Mehr als 75 Millionen Tonnen CO2 hat das Unternehmen im letzten Jahr verursacht. Zum Vergleich: Ein Jahr Autofahren mit einem Mittelklassefahrzeug und 12.000 km Fahrleistung verursacht ca. 2 Tonnen pro Jahr (Quelle: atmosfair). Die emittierte Menge an CO2 von HeidelbergCement entspricht somit mehr als der Hälfe des gesamtdeutschen PKW Bestands.
Diese Zahlen haben wir zum Anlass genommen, um im Rahmen unserer Engagement-Strategie die Pläne des Unternehmens zu erfahren, wie die Emissionen möglichst schnell und dauerhaft reduzieren werden können. HeidelbergCement setzt hier vor allem auf sogenannte Carbon-Capture-Lösungen. In diesem Prozess wird CO2 bei der Entstehung abgespalten und in der Regel unterirdisch versiegelt. Dadurch wird vermieden, dass die Treibhausgase in die Atmosphäre freigesetzt werden. Diese Technik ist umstritten, wird aber als Übergangstechnologie zur CO2-Neutralität im Rahmen der EU-Taxonomie als Technologie zum Klimaschutz offiziell anerkannt. Der Konzern plant bis 2030 mit diesen Techniken ca. 14% der aktuell erzeugten Treibhausgase zu reduzieren. Nachteil an dieser Strategie ist allerdings, dass das erste Werk mit dieser Technologie in Breivik (Norwegen) voraussichtlich erst 2024 in Betrieb genommen werden kann und somit erst verzögert positive Auswirkungen auf die Emissionsbilanz haben wird.
Zusätzlich zu diesen Maßnahmen sollen die absoluten CO2-Emissionen jährlich um 20 Millionen Tonnen bis zum Jahr 2030 reduziert werden. Hierfür wird intensiv nach Möglichkeiten gesucht, um verstärkt Recycling aus bereits produzierten Elementen für die Produktion nutzen zu können. Damit soll der Anteil des Zementklinkers, dessen Produktion einen besonders hohen CO2-Ausstoß verursacht, an der Zementproduktion reduziert werden. Zudem sollen verstärkt „Abfallprodukte“ aus anderen Branchen wie z.B. der Metallbauindustrie in der Produktion verwendet werden. Derzeit entfallen ca. 11% auf alternative Rohstoffprodukte. In Kombination mit einer höheren Effizienz der bewirtschafteten Anlagen sowie der verstärkten Nutzung von erneuerbaren Energiequellen (derzeit ca. 26%) in der Produktion soll dieses Ziel erreicht werden.
Weiterer Anpassungsbedarf
Der Blick in den Rückspiegel zeigt allerdings, dass das Unternehmen noch viel Anpassungsbedarf hat. Sowohl die absoluten CO2-Emissionen als auch die wettbewerbsübergreifende Verhältniszahl aus CO2-Emissionen zum erzielten Umsatz sind in den letzten Jahren nicht gesunken wie die nachstehenden Grafik illustriert.
Im Rahmen der EU-Taxonomie soll sich die Zementbranche an der spezifischen Kennzahl „CO2-Emissionen pro produzierte Tonne Zement“ orientieren, um die Emissionen zu senken. Die EU gibt hier ein zu erreichenden Wert von 490 Kilogramm pro Tonne Zement als Zielwert an. Diesen Richtwert erreicht in der Branche aktuell (noch) kein Unternehmen. Die nachstehende Grafik zeigt aber, dass sich HeidelbergCement im gehobenen Mittelfeld im internationalen Wettbewerbsvergleich befindet:
Mit den aktuell kalkulierten Maßnahmen wird HeidelbergCement das EU-Ziel verfehlen.
Auf diese Thematik haben wir in unserem Gespräch hingewiesen. Uns wurde geantwortet, dass die geplanten Reduktionsziele aus den Carbon-Capture-Lösungen noch nicht in die Zielsetzung des Unternehmens einbezogen wurden und das Unternehmen große Hoffnung in diese Projekte setzt, um die eigenen Emissionen zu senken.
Fazit
Insgesamt hat das Unternehmen auf uns einen glaubwürdigen Eindruck gemacht, um die gewaltigen Herausforderungen anzugehen, denen das Unternehmen vor dem Hintergrund der Klimakrise ausgesetzt ist. Obwohl das Unternehmen noch bis 2023 auf Basis der aktuellen Produktionsplanung ausreichend EU-ETS CO2-Zertifikate besitzt, sollte angesichts des aktuellen Preisanstiegs der CO2-Zertifikate auf über 70 EUR pro Tonne auch ein monetärer Anreiz für das Unternehmen entstehen hier zeitnah adäquate Lösungen zu finden, um die Emissionen zu reduzieren. Andernfalls könnte dieser Faktor die GuV-Rechnung des Konzerns zukünftig empfindlich belasten, wenn die Ausgabe von gratis CO2-Zertifikaten tatsächlich beendet wird.
Für unsere Portfolien bedeutet dies, dass wir an den getätigten Investitionen trotz des hohen Einflusses auf die CO2-Bilanz festhalten werden. Gleichwohl werden wir auch zukünftig wieder den Dialog mit dem Unternehmen suchen, um zu überprüfen, ob die angekündigten Schritte auch in die Tat umgesetzt wurden. Denn am Ende des Tages muss man festhalten, dass für die ökologische Transformation Zement ein wesentlicher Bestanteil sein wird. Dies zeigt nicht zuletzt die geschätzte Menge von ca. 8.000 Tonnen Zement, die benötigt wird, um Windräder mit einer Leistung von einer Terrawattstunde Energie zu errichten (US Department of Energy).
Hinweis: Warburg Invest ist über mehrere Fonds in diesem Unternehmen direkt investiert.
Kontakt für Journalisten
Christiane Rehländer
M.M.Warburg & CO
Ferdinandstraße 75
20095 Hamburg
Tel. +49 40 3282-2165
Fax +49 40 3618-1000