BASF – ein Vorbild im Management von Treibhausgasemissionen mit „Flecken“ auf der „weißen Weste“ im Bereich Pestizide

Oct 18, 2021

Ende September hatte die EU-Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ ausreichend Unterschriften in den europäischen Mitgliedsstaaten gesammelt, damit sich die EU-Kommission mit den Forderungen beschäftigen muss.

Passend dazu hat unser letzter Engagement Call Ende August mit einem der größten Chemiekonzerne der Welt – BASF – stattgefunden, in dem wir auch das Thema Artenvielfalt/Bienenschutz thematisiert haben. Der Hintergrund dafür ist eine Auswertung in der Datenbank unseres ESG-Datenproviders MSCI, die das Pflanzenschutzmittel „Fipronil“ in Zusammenhang mit der Verminderung der Bienenpopulation bringt.

Dieses Pflanzenschutzmittel gehört in die Gruppe der „Neonikotinoide“, die zum Teil bereits 2018 in der EU verboten worden sind. BASF hatte für Fipronil in der Vergangenheit bereits eine Zulassung zur Saatgutbehandlung in der EU nicht verlängert. Mittlerweile ist der Einsatz in der Lebensmittelproduktion verboten. Jedoch darf das Produkt weiterhin zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden. In Ländern außerhalb Europas ist die Verwendung von Fipronil hingegen weniger stark eingeschränkt, so darf das Mittel z.B. in Brasilien weiterhin großflächig eingesetzt werden.

In unserem Gespräch wurde deutlich, dass sich das Unternehmen den vorgeworfenen Anschuldigungen in Zusammenhang mit diesem Produkt bewusst ist. Jedoch vertraten unsere Gesprächspartner die Ansicht, dass die Verwendung von Fipronil einen wesentlichen Anteil zur Sicherstellung der globalen Nahrungsmittelproduktion liefert, weshalb es derzeit auch keine Pläne gibt, das Produkt nicht weiter zu vertreiben oder zu produzieren.

Wir haben daraufhin unsere Bedenken hinsichtlich der weiteren Vermarktung von Fipronil angemerkt, weil es negative ökologische Auswirkungen hat und nach den Anforderungen des EU Ecolabels keine Investitionen in Unternehmen vorgenommen werden dürfen, die größere Umsätze aus Produkten erzielen, die gem. der Rotterdam Convention für gefährliche Chemikalien identifiziert wurden. Denn es besteht die Möglichkeit, dass BASF – trotz eines vergleichsweise guten ESG-Ratings (MSCI Rating: A) – für nachhaltig orientierte Fonds, die die Zertifizierung des EU Ecolabels anstreben, nicht investierbar ist.

Neben dem Themenbereich „Artenvielfalt/Biodiversität“ war es uns wichtig, mit dem Konzern über den notwendigen Transformationsprozess im Bereich Treibhausgase zu sprechen. BASF ist derzeit einer der größten Energieverbrauchsunternehmen in Deutschland und benötigt ca. 1% des gesamtdeutschen Strombedarfs für die eigenen Geschäftsprozesse (ca. 6 Terawattstunden).

Dabei erlangten wir den Eindruck, dass sich BASF dieser hohen Verantwortung, angesichts des eigenen enormen Energieverbrauchs bewusst ist und bereits einige Maßnahmen implementiert hat, um zukünftig effizienter zu werden oder die benötigte Energie aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen. Als ersten Schritt plant das Unternehmen, bis zum Jahr 2030 (ausgehend vom Basisjahr 2018) ein Viertel der verursachten Treibhausgasemissionen einzusparen. Für dieses Ziel hat das Unternehmen auch auf mehreren Führungsebenen die variable Vergütung an das Erreichen der Klimaziele geknüpft.

Die Auswertung in der ESG-Datenbank von MSCI zeigt ebenfalls, dass das Unternehmen im sektoralen Vergleich vergleichsweise gut dasteht.

Treibhausgasemissionen

Da BASF im globalen Wettbewerb auch mit außereuropäischen Konkurrenten steht, sollte man meinen, dass der diskutierte „Carbon Border Adjustment Mechanism“ der EU-Kommission befürwortet wird. Dieser Vorschlag auf EU-Ebene sieht vor, dass Unternehmen, die außerhalb der EU mit schlechteren ökologischen Anlagen ihre Produkte erstellt haben, zur Zahlung einer Abgabe verpflichtet werden, wenn die Produkte innerhalb der EU verkauft werden. Dadurch soll eine Benachteiligung der vermeintlich „sauberen“ EU-Produkte durch „schmutzige“, aber günstigere Wettbewerber vermieden werden.

Zu unser Verwunderung sprachen sich unsere Gesprächspartner nicht für die Einführung eines solchen Mechanismus aus. Vielmehr würde das Unternehmen die Einführung einer globalen Regelung z.B. über die WTO statt einer europäischen Lösung begrüßen.

Grundsätzlich teilen wir diese Einschätzung, da der Klimaschutz nicht an den europäischen Grenzen aufhört. Die aktuellen europäischen Verhandlungen auch in anderen Themen zeigen allerdings, wie komplex es sein kann, die verschiedenen europäischen Interessen der einzelnen Mitgliedsstaaten zusammenzubringen, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Eine globale Lösung erscheint zwar wünschenswert, ist aber aktuell leider nicht realistisch.

Die mangelnde Unterstützung des Konzerns zu der geplanten EU-Regelung könnte daher auch pragmatischere Gründe haben. Denn mit einer Einführung eines solchen Mechanismus müsste gleichzeitig die Gratisausgabe der europäischen Emissionszertifikate für bestimmte Industrieanlagen aufhören. Da die chemischen Produktionsstätten unter den europäischen Zertifikatehandel (EU-ETS) fallen, könnte dies bei den aktuell gehandelten CO2-Zertifikatepreisen zu einem signifikant steigenden Kostenblock im Unternehmen führen. Aus Unternehmenssicht gilt es dies natürlich zu vermeiden. Daher ist die Ablehnung eines Mechanismus, der die kostenlose Zuteilung der Zertifikate beenden würde, in diesem Zusammenhang nur folgerichtig.

Angesichts der im Wettbewerbsvergleich führenden Position im Bereich der Treibhausgaseffizienz bzw. –vermeidung ist diese Unterstellung möglicherweise auch nicht gerechtfertigt, denn die Emissionen des Konzerns konnten in den letzten Jahren bereits erheblich reduziert werden. Folglich wäre es besonders bedauerlich, wenn allein aufgrund der schädlichen Pestizide nachhaltige Investoren von dem Unternehmen zukünftig Abstand nehmen müssten und sich somit nicht an diesem Transformationsprozess beteiligen könnten.

 

Hinweis: Warburg Invest ist über mehrere Fonds in diesem Unternehmen direkt investiert.

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