29. August 2023

Voestalpine AG - Engagement Call

Termin:            31.07.2023, 13:00 Uhr

Unternehmen: voestalpine AG

Teilnehmer:    Gerald Resch (voestalpine AG, Investor Relations)

                        Monika Aschenbrenner (voestalpine AG, Investor Relations)

                        Elena Mock (Warburg Invest KAGmbH, ESG Office)

                        Daniel Huber (M.M.Warburg & CO, Portfoliomanagement)

                        Britta Peach (M.M.Warburg & CO, Portfoliomanagement)

Allgemeine Motivation für Unternehmensdialoge:

Der Engagement-Prozess der Warburg Gruppe wird durch ESG Gremium angestoßen. Derzeit setzt sich dieses aus zwei Mitarbeitern und einem Geschäftsführer der Warburg Invest Kapitalanlagegesellschaft, zwei Mitarbeitern der Vermögensverwaltung der M.M.Warburg & CO, dem Leiter des Investment Offices und der Vermögensverwaltung von Marcard Stein & CO sowie dem ESG Manager von M.M.Warburg & CO zusammen.

Die Vertreter der Warburg Gruppe diskutieren quartalsweise im ESG Gremium schwerwiegende Kontroversen* in Bezug auf Governance, soziale und/ oder ökologische Aspekte. Entscheidet das ESG Gremium sich für einen Engagement-Prozess und das Unternehmen kann im darauffolgenden Dialog die Kontroverse nicht glaubhaft widerlegen oder einen hinreichend guten Umgang mit der Kontroverse nachweisen, wird das Unternehmen zwangsläufig aus dem investierbaren Universum der Warburg Gruppe entfernt.

Unternehmensdialoge erachtet die Warburg Gruppe als wirksames Instrument zur ganzheitlichen Beurteilung von Unternehmen sowie als Möglichkeit, nachhaltigkeitsrelevante Themen zu adressieren als auch unternehmensspezifische ESG-Sachverhalte aktiv zu hinterfragen. Der aktive Dialog versetzt die Warburg Gruppe nicht nur in die Lage, solidere Anlagescheidungen zu fällen, sondern auch infolge einer proaktiven Ansprache Unternehmen für Nachhaltigkeitsthemen zu sensibilisieren. Hiermit wird beabsichtigt, die ökologische Transformation von Geschäftsaktivitäten zu unterstützen und damit gleichzeitig besonders langfristige Investitionen sicherzustellen.

Konkreter Sachverhalt für das Engagement:

Die Warburg Gruppe führte kürzlich einen neuen Mindeststandard für ESG-Investitionen ein. Dieser Standard beinhaltet eine Gewichtung von CO2-Intensität und -Management investierter Unternehmen in den globalen Mindeststandards. Konkret bedeutet dies, dass Unternehmen nur dann eine stark erhöhte CO2-Intensität aufweisen dürfen, wenn ihr Carbon Emission Management als gut bewertet wurde.

Da voestalpine ein Unternehmen ist, das in der Stahlindustrie tätig ist und somit in einem emissionsintensiven Sektor agiert, war es für Warburg Gruppe von besonderem Interesse, mit voestalpine über deren CO2-Reduktionsziele und Nachhaltigkeitsbemühungen zu sprechen. Das Engagement-Gespräch wurde daher initiiert, um mehr über die Bemühungen und Fortschritte von voestalpine in Bezug auf Nachhaltigkeit zu erfahren, insbesondere hinsichtlich der angestrebten CO2-Reduktionsziele. Darüber hinaus wurden Fragen zu formellen Prozessen und Rechenschaftspflicht bezüglich der Nachhaltigkeitsbemühungen von voestalpine erörtert.

Geschäftsmodell des Emittenten:

Das Geschäftsmodell von voestalpine basiert auf der Produktion und Verarbeitung von hochwertigen Stahlprodukten und technologischen Lösungen für eine breite Palette von Industriezweigen. Als ein integrierter Stahlhersteller betreibt voestalpine moderne Hochöfen, Stahlwerke und Walzwerke, um vielfältige Stahlprodukte herzustellen, die den Anforderungen verschiedener Branchen gerecht werden. Das Unternehmen ist bekannt für seine Expertise in der Herstellung von Spezialstählen, die für anspruchsvolle Anwendungen in der Automobilindustrie, im Maschinenbau, in der Luft- und Raumfahrt, in der Energieerzeugung und in vielen anderen Sektoren verwendet werden. Ein zentraler Aspekt des Geschäftsmodells von voestalpine ist die Bereitstellung kundenspezifischer Lösungen, die auf die individuellen Anforderungen und Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind. Das Unternehmen bietet technische Beratung, Produktdesign und Engineering-Dienstleistungen, um sicherzustellen, dass die Stahlprodukte den spezifischen Anwendungen und Anforderungen der Kunden entsprechen.

Ergebnisse des Unternehmensdialoges / Handlungsempfehlung:

Das Gespräch begann mit einer Begrüßung und einer kurzen Einführung in die ESG-Investitionsstrategie von Warburg Gruppe. Anschließend erläuterte Herr Resch von voestalpine, wie das Unternehmen seine CO2-Reduktionsziele erreichen möchte.

Bis 2027 strebt voestalpine eine Reduzierung der CO2-Intensität um 30 Prozent an. Darüber hinaus hat voestalpine das Ziel, bis zum Jahr 2050 komplett CO2-neutral zu werden. Die langfristige Vision des Unternehmens ist es, den gesamten Produktionsprozess so umzugestalten, dass keine Netto-CO2-Emissionen mehr entstehen.

Indem voestalpine in Elektrolichtbogenöfen investiert, setzt das Unternehmen auf eine Technologie, die es ermöglicht, Stahl auf kohlenstoffarme Weise herzustellen. Im Vergleich zu herkömmlichen Hochöfen können Elektrolichtbogenöfen mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen betrieben werden, was zu einer erheblichen Reduzierung der CO2-Emissionen führt. Herr Resch betonte, dass voestalpine Wasserstoff als eine der Schlüsselkomponenten für die Reduzierung der CO2-Emissionen betrachtet. Zusätzlich zur Nutzung von Wasserstoff soll auch recycelter Stahl zur Nachhaltigkeit des Unternehmens beitragen. Er führte aus, dass eine zu hohe Recyclingrate jedoch die geforderte Qualität des Stahls gefährden könnte, weshalb sie auf eine ausgewogene Balance achten müssen.

Es wurde nach formellen Prozessen zur Überwachung des Fortschritts gefragt und danach, was passiert, wenn diese Ziele nicht erreicht werden. Herr Resch erklärte, dass es derzeit keine formellen Prozesse oder ein spezielles Gremium gibt, das den Fortschritt der CO2-Reduktionsziele überwacht. Eine weitere Frage betraf die Vergütung des Managements in Bezug auf Nachhaltigkeitsziele. Herr Resch bestätigte, dass derzeit keine Vergütung an spezifische Nachhaltigkeitsziele gebunden ist. Dieser Aspekt wurde als potenzielle Verbesserung identifiziert, um die Integration von Nachhaltigkeit weiter voranzutreiben.

Zur Erklärung der schwächeren Bewertung des Carbon Emission Managements von voestalpine durch MSCI ESG Research erklärte Herr Resch, dass ein möglicher Grund dafür der Standortnachteil in Österreich sein könnte. Er führte aus, dass Österreich im Vergleich zu bspw. Deutschland weniger Zugriff auf erneuerbare Energien und Wasserstoff habe, was die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen erschwere. Obwohl die geografische Lage Österreichs Potenzial für den grenzüberschreitenden Wasserstoffhandel birgt, müssen noch weitere Schritte unternommen werden, um die Wasserstoffinfrastruktur effektiv auszubauen. 

Die Investition in Elektrolichtbogenöfen ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber es besteht noch Unsicherheit hinsichtlich der Effektivität und der langfristigen Kosten der Technologie. Zudem bleibt unklar, wie voestalpine mit den Risiken des Ausbaus der Wasserstoffinfrastruktur umgehen wird. Es ist wichtig, dass das Unternehmen transparente und formelle Prozesse zur Überwachung seiner Fortschritte einführt, um die Einhaltung der gesteckten Ziele sicherzustellen. Positiv ist zweifelsohne, dass voestalpine die Notwendigkeit erkannt hat, nachhaltigere Praktiken zu verfolgen.

Die Warburg Gruppe hat im Anschluss an das Gespräch MSCI ESG Research kontaktiert, um auf den aus unserer Sicht zu tief (zu schlecht) gesetzten Carbon Emission Management Score hinzuweisen. MSCI ESG Research nahm daraufhin eine Anpassung des Scores nach oben vor.

Das vollständige Protokoll finden sie hier.